Zuverlässiger Rückruf

Herzlich willkommen zu einem neuen Video eurer Hundeschule „kein-hundeleben“. In diesem Video zeige ich, wie ein tatsächlich funktionierender Rückruf aufgebaut werden kann. Schließlich, ich komme ja aus dem Diensthundebereich, muss man beispielsweise auf dem Bahnhof seinen Hund zur Arbeit ableinen können, ohne dass er dann verloren geht. Er muss eben hören. Der hier gezeigte Trainingsablauf ist simpel und funktioniert – sonst hätten ich und andere ihn nicht angewandt.

Vorab einige Erläuterungen zum besseren Verständnis. Das Video beinhaltet dann die Demonstration der Umsetzung des Trainingsplans für den sicheren Rückruf.

Bodentarget

Zuerst wird dem Hund im Rahmen des Stubentrainings beigebracht, auf das Bodentarget zu gehen. Das Bodentarget hat die gleiche Funktion wie das Podest für die Elefanten oder Löwen im Zirkus. Einmal

  • können sich die Tiere auf das Podest oder Bodentarget zurückziehen, wenn ihnen alles zu viel wird. Dort haben sie ihre Ruhe.
  • Das Bodentarget ist auch der Parkplatz für den Hund, wo man ihn hinschickt: „Bleibe dort, bis du weitere Anweisungen erhältst, auch, wenn ein Flugzeug vom Himmel fällt!“
  • Gibt es Probleme im Training, dann schickt man den Hund auch auf das Bodentarget oder entsprechende Örtlichkeit, das kann auch eine Bank sein, und kann so lange Pause machen, => und zwar immer noch im Gehorsamsmodus, bis man wieder weiterarbeiten kann und der Hund sich beruhigt hat. Man vergibt sich dabei nichts und man bricht die Übung nicht ab, weil auf dem Bodentarget bleiben Gehorsam ist.
  • Das Bleiben auf dem Bodentarget kann bei Bedarf zuverlässig erzwungen werden. Das mag nicht jeder gerne hören, es ist aber nicht ganz unwichtig. Bei Stress gibt es dann für den Hund nur eine einzige Lösung, den Stress zu beenden: „Geh da rauf und bleibe dort!“
  • Genau deshalb ist die Übung auch von anderen reproduzierbar . Sie ist nicht so sehr abhängig von der Fähigkeit des Besitzers, seinen Hund zu etwas motivieren zu können. Das „Geh rauf!“ kann zu einem Reflex werden.

Rückruf

Stellt der Hund seine Pfoten auf das Bodentarget, wird er mit Click und Futter belohnt. Ich erarbeite das Bodentarget immer mit dem Clickertraining.  Das Futter holt sich der Hund immer beim Hundeführer ab. Er führt also die Handlung aus, die man erwartet, wenn man seinen Hund ruft: „Komme her!“. Er kommt vom Bodentarget zum Hundeführer gelaufen. Im Rahmen der sogenannten „Reizkette“ setzt man das Hörzeichen „Hier!“ vor das Click. Dann holt der Hund sein Futter beim Hundeführer ab. Das „Hier!“ wird vom Hund emotional so wahrgenommen wie das Click: Es ist ein Synonym für Freiheit, Futter, Spiel, Action, Zuwendung. Was der Hund nun verinnerlicht hat, ist, dass er dazu immer zum Hundeführer kommen muss, um sich die Belohnung abzuholen. Das allerwichtigste dabei ist aber, dass der Hund nun nicht zu einem kommen muss, sondern kommen darf, nachdem er vorher warten musste.

Das „Kommen“ sollen wird vom Hund emotional als Belohnung wahrgenommen.

Mein Bereich – Dein Bereich

Es handelt sich bei dem Ganzen um einen Wechsel zwischen „Dein Bereich“, das ist das Bodentarget und „Mein Bereich“, in den der Hund als Belohnung für Wohlverhalten eingeladen wird. Das Betreten meines Bereiches ist ein Privileg, welches er sich erarbeitet hat und dass ich dem Hund gewähre. Dann schicke ich ihn wieder in seinen Bereich zurück, das Bodentarget. Klappt das, hört der Hund schon ganz gut.

Dabei gibt es nur jeweils nur eine mögliche Richtung wie auf einer Geraden. Deshalb spricht man auch von einem fehlerfreien bzw. fehlerarmen Lernen.

Später schließt sich das Konflikttraining an. Das wird gestaltet durch Ablenkungen. Beispielsweise hat man Futter in der Hand und der Hund muss zuerst zum Bodentarget laufen. Erst dann kann er sich das Futter beim Hundeführer abholen. Oder man hat einen Ball in der Hand und der Hund kann sich den erst dann als Belohnung abholen, wenn er auf dem Bodentarget angekommen ist.  

Zur technischen Umsetzung:

Belohnung

Nach jeder Belohnung ist die Übung beendet, der Hund ist frei und die Übung muss wieder neu begonnen werden. Wenn der Hund seine Belohnung abholen kommt, erfolgt kein „Sitz“ oder ähnliche Hörzeichen. Der Hund wird dafür belohnt, dass er auf das Bodentarget gegangen ist. Dafür will er seine Belohnung abholen. Muss der Hund sich hinsetzen, erfolgt die Belohnung für das „Sitz“. Es ist eine neue Übung. Die eigentliche Übung „Geh rauf“ tritt in den Hintergrund.

Der Hund wird für das Laufen zum Bodentarget belohnt,

  • Sofort, wenn er losläuft
  • Auf der Wegstrecke zwischendurch, beispielsweise, wenn die Hälfte der Strecke zurückgelegt wurde. Wenn der Hund auf den Hacken kehrtmacht und zum Hundeführer zurück kommt, um sich seine Belohnung abzuholen, hat der Hundeführer das gewünschte Trainingsmodell selbst verstanden. Der Hund weiß, was Clickertraining ist. Es wird die Erwartungshaltung des Hundes in dem Training und die Wertigkeit der jeweiligen Belohnung erkennbar.
  • Eine weitere Belohnung erfolgt sofort bei der ersten Berührung des Bodentargets.
  • Auf dem Target nach eine Wartezeit ohne Ablenkung
  • Auf dem Target nach einer Wartezeit mit Ablenkung

Ganz wichtig ist es, den Zeitpunkt der Belohnung ständig zu variieren, so dass es für den Hund nicht vorhersehbar ist, wann „Hier“, Click und Futter kommt.

Wenn der Hund beim Hundeführer ist, weil er sich das Futter abgeholt hat, wird er wieder in die Startposition gebracht, also Front Richtung Bodentarget. Da wir „geh rauf“ üben und nicht „Fuß“, kann man das Anfangs mit Futter machen. Ich selbst bevorzuge das Handtouch und benutze kein Hörzeichen, um den Hund in die gewünschte Position zu bringen. Dann wird der Hund für das Folgen in die Grundposition belohnt. Manchmal gleich, manchmal etwas später. Damit ist die Übung „Grundposition beendet und der Hund wird, wenn er gut trainiert ist, sich getrauen, diese zu verlassen. Dann startet man erneut mit der Grundposition. Das vom Hund abgewandte Bein wird nach vorn gestellt und es schließt den Weg zur Seite bzw. unterstreicht die vom Hundeführer gewünschte Laufrichtung. Nun den vom Hund abgewandten Arm nach vorn und das Hörzeichen „Voraus, geh rauf!“

Den Hund warten lassen

Man ist gut beraten, den Hund in der Grundposition auch mal warten zu lassen, bis die Belohnung folgt oder die Anweisung, auf das Bodentarget zu gehen, also nicht die schnelle Abfolgen von „Geh rauf“ und „Hier!“, „Geh rauf“ – „Hier!“

Wenn man den Hund warten lässt, trainiert man seinen Hund

  • immer wieder anzuhalten, dass er eine Übung unterbrechen kann, ohne frustriert zu sein.
  • Bei einem Rückruf unter Ablenkung hat der Hund nicht die Angewohnheit, nach dem Eintreffen beim Hundeführer gleich wieder loszulaufen. Der Hund ist warten gewohnt.
  • Weiter lernt der Hund, und das ist sehr wichtig, auch aus der Passivität zu starten, ohne dass er vorher extra motiviert werden muss.

Je nach Hundetyp wird der Hund später mehr oder weniger schnell zum Bodentarget rasen oder etwas Geschwindigkeit eingebüßt haben. Es muss jeder für sich entscheiden, wieviel Geschwindigkeit man möchte, braucht und selbst aushält, also regeln kann.

Kann ich einen Hund jederzeit anhalten, ist er vielleicht nicht so rasant, aber man selbst hat ausreichend Zeit für Überlegungen, wie man weiter vorgehen will und für eigene Reaktionen. Der Hund steht derweil im Rahmen der Übung einfach da und wartet auf weitere Anweisungen.

Läuft der Hund nach vorn, kann man auch unterstützend etwas mitgehen. Also nicht die ganze Strecke, sondern etwas. Schafft der Hund die Strecke ohne Hilfe nicht, ist sie zu lang. Man verdeutlicht damit die gewünschte Richtung und gibt dem Hund Handlungssicherheit. Wenn der Hund sicher zum Bodentarget läuft, kann die Entfernungen zum Target langsam gesteigert werden (10 cm pro Durchgang sind in Ordnung und verringern die Fehlerquote, als wenn man gleich einen Meter zurückgeht).

Nachsetzen

Geht der Hund nicht korrekt auf das Bodentarget, setzt man nach. „Nein“ als Masterwort und Information darüber: „Du gehst in die falsche Richtung!“ Dann erfolgt die Wiederholung „Geh rauf!“. Dazu kann man Front gegen den Hund machen, sich aufpusten und ihm dann etwas entgegen gehen und schauen, wie der Hund reagiert. Dreht sich der Hund in Richtung Bodentarget, arbeitet an seiner Position, dann hört jeder Druck durch den Hundeführer sofort auf. Die Kooperationswilligkeit schaltet immer Druck ab. Dazu stellt sich der Hundeführer leicht seitlich, also verlässt die „Frontposition“.

Leine oder nicht?

Manche werden nun sagen, dass man mit Leinen arbeiten sollte, um zu verhindern, dass der Hund beispielsweise am Bodentarget vorbeiläuft. Aber

  • spätestens bei steigender Entfernung bekommt man den Hund so auch nicht mehr auf das Bodentarget expediert.
  • Läuft der Hund einfach fort, vorbei oder hört nicht, muss man zurück zum Stubentraining und seine Hausaufgaben machen.
  • Arbeitet man hier in diesem Bereich ohne Leine, lernt man selbst, den Hund mit der eigenen Stimme zu lenken und der Hund gewöhnt sich an die Stimme und die verbalen Anweisungen als Ersatz für die Leine. Er gewöhnt sich daran, Hörzeichen zu befolgen.

Die Perfektion steht am Anfang immer im Hintergrund. Entscheidend ist, ob der Hund mitarbeiten will. Das ist zu immer fördern.

Anspringen

Im Video sieht man, dass der Hund mich wiederholt anspringt. Mich freut das. Der Hund ist auf mich fokussiert und läuft nicht weg. Seine Aufregung muss irgendwie abreagiert werden. Entweder fragt der Hund: „Ist das alles so richtig und gut?“ oder er rotzt einen manchmal an: „Los jetzt, mach hin!!“ Der Punkt ist, wer will hier etwas von wem? Der Hund will etwas vom Hundeführer.

Das Anspringen kann man kultivieren. Dazu geht man vorgebeugt rückwärts, streckt die Arme vor, als ob man dem nach vorne schiebenden Hund abwehrt. Die Hände gehen gegen seine Brust und schieben den Hund weg. Der Hund schiebt zu einem hin. Der Hund will in meinen Bereich und ist dafür bereit, Anforderungen zu erfüllen. Das sind die besten Voraussetzungen für ein gutes Training. Man macht aus dem Bug ein Feature.

Ansonsten gilt, das Thema der Übungsstunde ist: „Rückruf und bleiben“ und nicht „Springe mich nicht an“. Das ist sehr wichtig!

Ablenkungen

Läuft der Hund nun zum Bodentarget und kommt nach Freigabe zum Hundeführer zurück, beginnt man, mit Ablenkungen zu arbeiten. Das begann schon beim Stubentraining. Statt der Leine verwende ich bei jungen Hunden mein Masterwort, wenn sie sich doch einmal verselbständigen. Dann wieder die Anweisung dazu, was sie tun sollen und alles ist wieder in Ordnung

Anfangs sind die Ablenkungen einfach. Ein ruhiger Ort wie hier sowie der Futtereimer. Das steigert sich einmal

  • über ablenkende Hunde
  • bis hin zum Helfer im Schutzdienst, welcher den Hund angreift und trotzdem beim Rückruf vom Hund ignoriert wird.
  • Die andere Möglichkeit, Ablenkungen zu steigern, sind die Trainingsorte vom beschaulichen Strand wie hier bis hin zum Hauptbahnhof.

Irgendwann beim Üben wird der Tag kommen, da die Ablenkung in Ihrer Intensität dem Rückruf ebenbürtig sein könnte. Dann wird das Kommen des Hundes durchgesetzt. Früher benutzte man dafür das Wort Zwang. Es wird prononciert gehandelt (Beschreibungen wird es hier nicht geben) und auf Grund der guten Vorarbeit haben wir wenig zu tun und für alle Zeit Ruhe.

Der Rückruf sitzt

Der Rückruf sitzt. Selbst wildern ist kein Problem.

Der Hund hat in dieser Übung das Bleiben gelernt, das Warten in den Übungen gelernt, einfach rumzustehen. Er kommt damit klar ohne frustriert zu sein und sich aufzuregen. Manche Hunde haben ergänzend gelernt, dass es kein guter Plan ist, den Rückruf zu ignorieren.

Insgesamt hat der Hund mit diesem Trainingsplan nicht nur gelernt, zum Hundeführer zu kommen, sondern sich dabei gut zu fühlen. Er darf in unseren Bereich kommen und will das auch.  

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