Trias Stimme

Trias Stimme

Man soll nicht mit seinem Hund in ganzen Sätzen sprechen, da er sonst nicht weiß, was man von ihm will. Das halt ich, so wie es meistens dargestellt wird, für falsch. Selbstverständlich soll man mit seinem Hund sprechen und ihn in sein Leben mit einbeziehen. „Komm mit, Dicker, wir holen jetzt die Kinder ab.“ Dabei braucht es das Hörzeichen: „Kinder abholen.“ nicht. Der Stimmenklang kündigt Aktivität, deren Art und Zeitpunkt des Beginns an. Dies sowie die Gewohnheit aus der Vergangenheit kündigen dem Hund an, was kommen wird: Wir fahren jetzt zum Kindergarten.

Wenn man mit seinem Hund spricht, schaut er einen manchmal an und dreht den Kopf dabei. Nun wird geschlussfolgert, er verstünde einen nicht. Das mag sogar so sein, aber der Hund wurde mit den Worten, der Stimme eingefangen und ist beim Besitzer. Der Hund fragt sich vielleicht, „Was will der jetzt von mir?“ Später kommt die Erfahrung hinzu und der Hund weiß, da brauche ich nicht zuhören, es ist aber alles entspannt und haut sich sein Rinderohr rein. Oder der Hund entnimmt dem Gesagten: „Oh, gute Stimmung. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, zu fragen, ob wir spielen, arbeiten oder rausgehen wollen oder ob es Futter gibt.“

Die Lernerfahrung sorgt dafür, dass der Hund mit der Stimme des Besitzers und dem Erzählten etwas anfangen kann. Die Stimme gibt dem Hund Informationen, auf deren Grundlage er gedanklich vorwegnehmen kann, was kommen wird. Genau so, wie „Halt Polizei!“, wenn man einer Personengruppe gegenüber steht. Der Diensthund weiß, jetzt geht’s los! Sein Hormonstatus spiegelt sofort diese Information wieder => beispielsweise wird Adrenalin produziert.

Die Klangfarbe der Stimme sagt dem Hund sogar, ob er nun auf sich allein gestellt ist, ob er nun mit seinem Hundeführer zusammen vorgeht oder ob er ihm assistiert und dass sie nun eine Macht sind.

Geht man noch einen Schritt weiter zurück, sieht man, dass alle Mütter ihren Nachwuchs berühren und mit ihm „sprechen“. Laute haben durch das Handeln der Mütter ihre emotionale, gefühlsmäßige Entsprechung wie Aufmerksamkeit und Zuwendung geben, vor Gefahren warnen und handlungsbereit machen. Laute der Mutter beruhigen die Kinder, Laute der Kinder beruhigen die Mutter, damit die Mutter schlafen kann. Sie animieren zum Spiel mit den Geschwistern, damit man selber etwas ruhen kann. Oder Laute kündigen unangenehme Folgen an, wenn Unfug nicht aufhört. Hinter den Tönen steht also auch eine Funktion***. Töne treiben an, machen wach oder hemmen und beruhigen. Töne lösen beim Gegenüber emotionale Reaktionen aus – schaut zur Musik. Damit spielt man.

Wenn man dann später mit dem Hund in bestimmten Tonlagen spricht, die durchaus auch ernsthaft sein können, „Dicker, bleib da!“, dann löst man auch Gefühle aus. „Bleib da, es gibt gleich etwas (dafür).“ = freudige Erwartung oder „Bleib da, sonst gibt es etwas an die Ohren.“ (Zwang)  = vermeidendes Verhalten. Einmal macht es der Hund bereitwillig, weil er es im Idealfall gerne macht oder als Voraussetzung für Kommendes erlernt hat. Das andere Mal, weil er sich fügt. Beide Varianten werden getragen von der Stimme und ob die von der Stimme dargestellten Emotionen von locken, einladen, anweisen bis hin zur Drohung für den Hund glaubwürdig sind. Beachte: Selbst das schlichte Begrenzen des Hundes, wenn der Hundeführer sich seinem Hund in den Weg stellt, um ein Weitergehen des Hundes zu verhindern, beinhaltet letztlich ein drohen mit Folgen, wenn die „Begrenzung“ missachtet wird. Sonst macht die Drohung keinen Sinn. Ich bin da nur ehrlich.

***Das Analogon findet man bei Berührungen. Einerseits beruhigen sie Welpen, wenn die Mutter sie ableckt, andererseits werden die Kleinen so gewaschen und erhalten eine verdauungsfördernde Massage. Was gut ist oder benötigt wird, wird als angenehm empfunden. Unangenehme Berührungen motivieren, einen Weg zu finden, der zur Entspannung führt.

Stimme und Berührungen werden oft synchron eingesetzt.

Es ist eine gute Idee, mit seinem Hund zu sprechen, um ihn lenken und leiten zu können. Wenn man mit dem Hund spricht, muss man nicht vorher Hundesprache lernen. Man selbst muss so sprechen (oft in Zusammenhang mit der eigenen Körpersprache und einer entsprechenden Dynamik), dass der Hund aufgrund der Gemeinsamkeiten im emotionalen Gefüge erkennen kann, ob er etwas tun soll, ob er etwas nicht tun soll, ob es sich um eine Anforderung handelt oder ob man ihm nur etwas erzählt. Die emotional ansprechende Stimme und emotional belegte Markerworte wie „Komm, komm, komm!“, „Warte, warte, warte!“ oder „Attack, attack, attack!“ sind es, die den müden Hund weiterarbeiten lässt, ihn antreiben oder zur Geduld motivieren, nicht (nur) das Hörzeichen, der kurze Befehl. Wie immer ist eine Rückmeldung an den Hund erforderlich: „Das machst Du gut!“ oder „Du gehst in die falsche Richtung, Du sollst das und das machen“. Später muss man sehen, ob das verbale Lob den Hund unnötig hochfährt, ihn motiviert und ob es ihn zufrieden stellt.

Wenn man an den Hund aktuelle, präzise Anforderungen stellt, beispielsweise „Bleib genau da stehen“, dann folgt „Halt!“, „Bleib!“ So erkennt der Hund auf den Punkt genau die Anforderung, was zu tun ist. Es gibt ja nur zwei Möglichkeiten: Der Hund kommt der Weisung nach oder nicht. Entsprechend erfolgt die Rückmeldung an den Hund: „Gut gemacht.“ bzw. „Das hast Du richtig gemacht“ oder „Nein, bleibe dort!“, also nachsetzen bzw. „Das musst Du anders machen“.

Das Führen von Hütehunden oder Rückepferden erfolgt über Hörzeichen. Das Führen von Tieren mit verbalen Hörzeichen (auch unterstützt durch pfeifen) ist die Königsdisziplin, weil nur dann besondere Aufgaben erfüllt werden können. Die Hörzeichen werden zu Leitplanken für das Handeln des Hundes: „Mehr nach links“, „Mehr nach rechts“

Übrigens kann man den Hund auffordernd, beruhigend oder drohend zum Bleiben motivieren. Gleiches gilt für die Aktivierung eines Hundes: Aufmunternd oder ebenfalls drohend -> mach das jetzt!! Aber das Lob muss ebenfalls den Anforderungen und der erbrachten Leistung angemessen sein.

Bei einem entspannten „Komme mit“, unterstützend mit einer entsprechendernHandbewegung, weshalb der Hund entspannt herankommt, reicht ein entspanntes „Fein“.

Hat der Hund aber Stress wegen der Anforderung oder hart gearbeitet, dann sollte er nicht wie so oft mit einem luschigen „ookayy…“abgespeist werden, weil die Quälerei dann im Ergebnis oft nicht zur hundlichen Zufriedenheit führt (die Ausnahme ist wildern). Dann ist der Hund aktiv freizumachen (durchknuddeln) und erst danach abgekämpft, aber zufrieden in die Freizeit zu entlassen. Der erschöpfte Hund ist aufzunehmen (er legt sich beim Hundeführer hin). Er wird betreut und zur inneren Ruhe geführt.

Lob ist Zuwendung. Keine Zuwendung, keine Kooperation in der Zukunft.

Mit der Stimme wird der Hund dann wieder an den Besitzer gebunden, auf dass er nicht einfach so fort geht. Zusätzlich werden Berührungen und bei Bedarf Futter eingesetzt, vielleicht der Ball oder gemeinsames Spielen. Die Stimme sorgt dafür, dass die vom Hund nun empfundenen Gefühle wieder zu einem anderen Zeitpunkt wachgerufen werden können, dass er freiwillig zum Hundeführer kommt, weil dort sein Ruhepol ist.

Fazit:

Die Stimme ist die Leine für den Hund, wenn er keine Leine und kein Halsband trägt.

Dann wird der Hund mit Worten geführt. Die Stimme und die Worte binden den Hund an den Hundeführer. Da gibt es mehr, als dass man zu seinem Hund nur sagt: „Fuß“. In bestimmten Situationen wie beispielsweise bei der Arbeit mit dem Diensthund sagt man „Fuß“, weil man so am schnellsten und am besten zu einem Ort kommt oder durch ein Objekt. Der Handlungsspielraum für den Hund ist 0. Aber sonst spricht man mit seinem Hund entspannt. „Komm mit, Dicker, wir gehen hier lang.“ Er geht da rüber. „Nein, nein, komm mal hier lang.“ Selbst wenn sich später die Stimmlagen nicht mehr wesentlich unterscheiden, weiß der Hund, was gemeint ist. Der Hund ist in der Lage, kontextabhängig zu lernen und einen kontextabhängig zu bewerten. Er kann das gleiche Wort in verschiedenen Situationen unterschiedlich und verschieden interpretieren. Er kann sogar bei Eltern mit 5 Kindern 7 verschiedene Hörzeichen für „Sitz“ befolgen, vielleicht noch in 7 verschiedenen Ausführungen.

Wenn man mit seinem Hund so spricht: „Komm‘ mal, Dicker“, „Geh‘ mal weiter rüber“ oder „Warte, warte, warte. Mann, Du sollst da stehen bleiben, hrr“, dann eröffnet das dem Hund die Möglichkeit, sich etwas entfalten zu können, ohne dass es zu Konflikten führt. Dass er sagen kann, „Ich will lieber mitkommen“ oder er sagt, „Ich will eigentlich nicht mitkommen, ich möchte lieber hier liegen bleiben“, denn er futtert gerade seinen Knochen oder kaut zufrieden auf seinem Ball herum. Die Situation ist für beide Lösungen offen: Mitkommen oder bleiben, ohne dass man in die Konfrontation geht.

Der gut erzogene Hund wird schon folgen. Wenn man den Hund zum Kommen auffordert und der möchte lieber dort bleiben, kann man etwas bestimmter oder mit Unmut nachsetzten: „Na los, komm jetzt!“ -> also nicht „Hier!“ Dann weiß er, „Ja, ok, dann geh‘ ich halt mit.“ Dann muss er nicht zum Hundeführer hinrennen, was ihm wegen des Interessenkonfliktes schwerfällt, da er da bleiben wollte, sondern kann langsamer heran kommen. Trotzdem ist jede Partei zufrieden.

Die zweite Möglichkeit ist, wenn der Hund sagt, „Ich will eigentlich nicht“, es dabei zu belassen. „Ja, ok, dann machen wir das so“ Man vergibt sich dabei nichts und kann seinem Hund entgegenkommen.

Also, wenn ihr mit eurem Hund reden wollt, macht das.

Beitrag erstellt 15

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Verwandte Beiträge

Beginne damit, deinen Suchbegriff oben einzugeben und drücke Enter für die Suche. Drücke ESC, um abzubrechen.

Zurück nach oben