Bindung von Hund und Besitzer

the golden horse photography

Die Sehnsucht nach einem Hund als ständigen Begleiter ist uralt. Spannende Geschichten und Sagen – manchmal auch Märchen ranken sich um die Beziehung Mensch – Hund und nicht selten verklärt sich das Bild dieser vielleicht einzigartigen Beziehung: die Hunde werden im positiven Sinne vermenschlicht. Die Menschen wollen einen Hund, der ihnen im Leben ein Kamerad ist, der sich problemarm in ihr Leben einfügt, ihr Liebling ist – kurzum, der für seine Besitzer eine Bereicherung ist. Der Hund folgt ihnen, legt sich zu seinem Rudel -gemeint ist hier der Mensch und seine Familie, hält sich freiwillig in unmittelbarer Nähe auf. Es heißt, dann besteht eine gute Bindung zwischen Mensch und Hund.

Macht der Hund Sorgen, wildert, zieht an der Leine, dann könnte der Grund dafür eine ungenügenden Bindung des Hundes an seinen Besitzer sein.

Auf allen einschlägigen Medien, die sich mit Hundetraining befassen, gibt es Unmengen an Erläuterungen zum Thema „Bindung“. Es wird definiert, was das Zeug hält, unterschieden in „Beziehung“, „Bindung“ und vieles mehr. Das ist eine Katastrophe für alle Beteiligten, also auch den Hund. Denn anstatt zu machen gilt es nun, vieles zu bedenken. Dann ist der Tag um.

„Bindung“ ist beim Kontext Hund nur noch ein Wieselwort, also ein Begriff, unter dem sich jeder etwas anderes vorstellen kann – bewusst vage und unbestimmt gehalten.

Was ist „Bindung“?

Wenn ein Baby oder Welpe geboren wird, wird das Hormon Oxytocin ausgeschüttet. Vor und nach der Geburt. Es wird als „Bindungshormon“ bezeichnet und ist u.a. mit für Vertrautheit und Zusammengehörigkeit von Individuen zuständig.

Für einen neugeborenen Welpen ist es von Interesse, nicht zu verhungern, nicht zu erfrieren und nicht gefressen zu werden. Das Interesse der Elterntiere ist es, dass der Nachwuchs nicht verhungert, nicht erfriert und nicht gefressen wird.

Dass die Eltern diesen Aufgaben nachkommen, ist hormonell abgesichert: u.a. mit Oxytocin als Vermittler oder Stimulator dazu, die Bedürfnisse des Nachwuchses befriedigen zu müssen – das Schreien der Kleinen kann normaler Weise von der Mutter nicht ignoriert werden. Eigentlich ist es wie beim Menschen. Schreit das Baby, wird bei der Mutter Oxytocin ausgeschüttet und beispielsweise die milchbildenden Zellen ziehen sich zusammen und pressen die Milch in die Milchkanäle. Wird das Bedürfnis des Nachwuchses wird erfüllt, wird die Mutter nun für ihr Verhalten vom Baby mit Ruhe bestätigt – das Schreien hört auf, der Druck wird zur Bestätigung des Wohlverhaltens zurückgenommen.

Hier meint „Bindung“ aber, dass Hund und Mensch ein besonderes, emotionales* Verhältnis haben. Die Bindungspartner sind nicht einfach austauschbar. Profan kann man formulieren, dass sich der Hund bei seinem Besitzer wohl und sicher fühlt und deshalb ein stabiles, kontinuierliches Verhalten zeigt. Es kommt zur Verhaltenssynchronisation.

Stirbt der Bindungspartner des Hundes, kann es sein, dass er verstört und unglücklich ist, denn sein altes Leben ist vorbei. Wir sagen, der Hund trauert.

*Emotionen sind auch nur Verhaltensprogramme, um auf Situationen angemessen reagieren zu können.

Wann wird das Leben meines Hundes gut?

Wird es nur dann gut, wenn er sich in mein Leben einpasst, egal, wie ich drauf bin? Der Hund hat keine Chance, das zu verändern. Ich habe ihn in mein Leben geholt. Wenn er sich nicht anpassen kann, hat er verloren. Es kann nicht jeder Mensch die besten Hundetrainer nachmachen oder imitieren, also muss der Hund damit zurecht kommen.

F.M.

Nein. Damit der Hund mit seinem neuen Leben zurecht kommt, muss man sich mit ihm beschäftigen. Wenn man sich mit ihm beschäftigt, lernt man sich kennen, man wird vertraut miteinander, weiß um die Befindlichkeiten des jeweils anderen.

Das junge Wesen ist genetisch darauf ausgelegt, lernen zu müssen. Das alte Wesen zeigt dem jungen etwas, der Nachwuchs macht mit und nebenbei wurde schon die Hierarchie geklärt: Wer lehrt, der führt. Dann werden zwangsläufig Regeln aufgestellt, damit das Zusammenleben funktioniert. Beispielsweise wird nicht in Latschen oder Menschenhände gebissen, sonst kann ich die Leine nicht halten und wir können nicht rausgehen.

Es entwickelt sich nun die Einstellung, auf den anderen zu achten, was der zu sagen hat sowie die Gewohnheit, dem anderen zu folgen.

Natürlich können Babys und Welpen das alles nicht so leisten, wie erwachsene Individuen. Für ein gewisses Maß an Gehorsam ist Reife erforderlich, damit die Tiere verstehen können, was man von ihnen will und sie geistig in der Lage sind, die Anforderungen erfüllen zu können, beispielsweise sich ausreichend lange konzentrieren zu können, um „Fuß“ zu laufen.

Es gibt kein Kleinkind, welches nach dem Krabbeln aufsteht zum Laufen und nun „Fuß“ laufen kann. Es läuft einfach los und man muss hinterher, damit nichts passiert. Unterbindet man das Laufen, lernt es nicht zu laufen und man schafft wieder an einer anderen Stelle neue Probleme.

Jedem intellektuellen Fortschritt geht ein motorischer Fortschritt voraus.

Wenn man sich nun eine Weile mit seinem Hund beschäftigt hat und es funktioniert alles, hat man Freude mit seinem Hund. Man ist gern mit ihm zusammen. Mensch und Hund sind nicht verwandt. Wenn man einen kleinen Welpen in der Hand hat, greift unterstützend das Kindcheschema hinzu. Es laufen schlicht Programme ab. Der Hund macht es ähnlich. Er ist genetisch darauf ausgerichtet, dem Menschen zu folgen, hängt sich also ran und sieht so seine Existenz gesichert.

Nun kommt noch eine neue emotionale Komponente hinzu: man mag seinen Hund. Manche Hunde sind spezieller – an die hängt man richtig sein Herz, weil die einem selbst vielleicht emotional ähnlich sind, weil ihr Verhalten zu einem passt wie die Bommel auf den Latschen. Man selbst führt den Hund so, dass es für diesen Hund genau passt, es seinen Bedürfnissen, seiner Art, seinen Neigungen entgegen kommt, sodas der Hund im Grunde recht konfliktfrei ist. Dann hat man noch mehr Freude, man hängt sich aneinander. Der Hund hat die Erwartung, hier ist Papa, Mama, jetzt geht’s gleich los, passiert dieses und jenes. Der Hund erfährt bei seinen Besitzern etwas, was nicht selbstverständlich ist, nämlich (innere) Ruhe. Man geht irgendwo hin, macht etwas und der Hund ist dabei innerlich ruhig oder wird nach der Aktivität wieder zurück in den Ruhemodus geführt. Er ist ausgeglichen und deshalb zufrieden.

Aber auch ohne Bindung kann man schon ein schönes Leben haben mit seinem Hund und durch seinen Hund, ein gutes Zusammenleben und eine gute Zusammenarbeit, weil er einfach funktioniert, obwohl beide emotional nicht so stark aneinander gebunden sind. Dass der Hund funktioniert, kommt für mich noch vor dem Maß der Bindung.

Voraussetzung für das Funktionieren des Hundes

Bewegung, Disziplin, Zuneigung.

In dieser Reihenfolge.

Cesar Millan
F.M.

Bewegung

Eine gute Bindung wird es erst dann geben, wenn das Bedürfnis des Hundes nach Bewegung ausreichend befriedigt ist. Durch Bewegung kann Luft abgelassen und der Hormonstatus beeinflusst werden. Die Hormone sorgen als erstes dafür, dass der Hund zufrieden ist. Also muss man da ansetzen. Wie bei Wildtieren kommt der Hund durch den Wechsel von Aktivität und Ruhe in einen Bereich, der ihn umgänglich macht.

Schwere, erschöpfende Arbeit erhöht die Frustrationstolleranz. Der Organismus muss sich erholen und hat keine Reserven für Faxen.

F.M.

Disziplin

Disziplin vermittelt Strukturen, sie macht die Welt vorhersehbar, rahmt den Hund also so ein, das er

  1. die gestellten Anforderungen erfüllt. Die Aggressionen und Ängste sind damit weitgehend eingehegt.
  2. Durch das nun folgende konfliktarme Leben zieht im Kopf Ruhe ein.

Zuneigung

Nun ist der Weg frei für Zuneigung, die nicht mehr Inkonsequenz, Beschwichtigung oder Entschuldigung ist.

F.M.

Der Hund wird in den eigenen Bereich eingeladen und es wird keine Probleme geben.

Fordert und beschäftigt man den Hund ausreichend im Rahmen seines Wesens, wird er zwangsläufig zufrieden. Sonst muss man mehr mit ihm diskutieren

Vielleicht haben die Hunde noch eine gute Genetik, ihre Anlagen bzw. Verhaltensbereitschaften sind hervorragend für den Besitzer, ihre Ausbildung ist hervorragend, so dass sie problemarm funktionieren. Der Hund hängt sich an einen ran. Man sagt zum Hund: „Komm mit“, „Mach dies, mach das“ und der Hund macht das. Dann ist man zufrieden und freut sich. Erst, wenn man sich freut, hat man Zeit und die Bereitschaft, die angenehmen Sachen wahrzunehmen. Wenn der Hund dagegen sehr unausgeglichen ist, an der Leine zerrt usw. usf., dann kann man keine Freude verspüren. Spätestens, wenn der Hund groß und schwer geworden ist, wird er zur Belastung. Beispielsweise fürchtet man sich davor, mit ihm rausgehen. Dann lieber einen Hund nehmen, ihn ordentlich (gern auf der Sachebene) ausbilden, sich mit ihm beschäftigen, ihn vernünftig führen oder ihn zu führen lernen und dann kommt man sehr, sehr gut durch das ganze Hundeleben.

Wenn man einen Hund hat und sich viel mit ihm beschäftigt und man merkt, dass alles passt, dann muss man diese Beziehung (durch Aufmerksamkeit) pflegen. Vertrautheit führt nämlich oft zu Geringschätzung (Dies ist eine von einem Pferdemädchen geklaute Formulierung.). Man nimmt das, was da ist, als selbstverständlich wahr und denkt, dass muss in alle Ewigkeit so sein.

Am Anfang kommt der Hund (von allein) ganz dicht heran, dann wird er größer und selbständiger. Auf Rufen kommt er dann nur noch in die eigene Richtung und irgendwann kommt er nur noch, wenn er mag. Also muss man den Kontakt pflegen. Wie geht das? Durch Ausbildung. Da muss man nämlich aufeinander achten und schafft die Gewohnheit dazu.

Wie testet man „Bindung“?

Es gibt ja richtige Testzentren, in denen die Hunde vereinsamt werden und dann schaut man danach, ob der Hund weint, heult oder sogar aggressiv wird – er wehrt sich gegen vermeintliche Bedrohungen, welche der einfallsreiche Tester kreiert. Aus den Reaktionen des Hundes wird das Maß der Bindung abgeleitet.

Dieses Verfahren zur Meinungsbildung halte ich für etwas schwierig. Man kann beispielsweise zu seinem Jagdhund eine sehr gute Bindung haben, er ist der beste Kumpel, man kuschelt, er hängt immer am Rockzipfel – aber wenn er einen Hasen trifft, ist er fort. Deswegen, weil er allein unterwegs ist, haben beide nun keine schlechte Bindung, sondern er ist ja mal dafür gezüchtet worden, selbständig zu handeln.

F.M.

Der Schutzhund, der Schäferhund, der Polizeihund soll sich vermeintlichen Gefahren stellen oder im Dienst sich den Leuten widmen, die ihm zur Bekämpfung zugewiesen werden. Wenn dann also eine Bedrohung kommt, soll sich der Hund dieser Bedrohung stellen und sich nicht zum Halter zurück orientieren. Vielleicht ist er etwas unsicher, er sagt: „Da sind 4 Leute, das ist ein bisschen viel für mich“, aber er soll standhalten. Wenn der Hundehalter dazu kommt, dann muss er sagen: „Alles klar, jetzt sind wir zu zweit, das reicht allemal!“ Und dann geht’s los.

Natürlich gibt es auch ängstliche Hunde, das ist richtig. Die ziehen sich zum Halter zurück und wissen, da finden sie Schutz. „Der kümmert sich um alles und ich bin die Probleme los.“

Die Frage ist, wenn ich merke, dass der Hund vor etwas Angst hat: Warum werden diese Ängste nicht weggearbeitet? Warum kümmert man sich nicht um die Ängste? Bindung oder dass sich der Hund an einen hängt kann man nämlich erzeugen durch

  1. positive Verstärkung – der Hund bekommt etwas für das gewünschte Verhalten.
  2. der Hund bekommt nur dann Ruhe, wenn er zu mir kommt bzw. ein gewünschtes Verhalten zeigt. Und nur dann. Das wäre die negative Verstärkung.

Man kann ‚Verhaltensänderungen schlicht erzwingen, was für den Hund eine Wohltat sein kann, da die Stimmen in seinem Kopf verstummen. Immer, wenn der Hund sein Verhalten verändert, findet er zur (innerern) Ruhe. Also wird er perspektivisch sein Verhalten verändern, bis das neue Verhalten eine Gewohnheit geworden ist. Deshalb wird er weniger Furcht haben in bestimmten Situationen und wird sich vor Stressoren immer zum Hundebesitzer hin entziehen. Das nennt man auch „Meideverhalten“. Meideverhalten ist keinesfalls zu verwechseln mit Angst..

Wenn man die Bindung zwischen Hund und Besitzer testen und fördern will, dann stellt man dem Hund Aufgaben. Die Aufgaben werden immer schwerer, so dass der Hund vielleicht auch Schwierigkeiten hat, sie zu bewältigen und bei denen man den Hund wenig zwingen und nur mit der Stimme anfeuern bzw. treiben kann (beispielsweise in 10 m Höhe). Dann kann man sehen, wie es sich mit dem Hund verhält. Bricht er zusammen, weicht er aus oder fügt er sich: „Komm Dicker, wir müssen hier rauf.“ Natürlich ist man hier in der Verantwortung, nicht zu überziehen – ich komme darauf zurück.

Der Hund weiß in der Höhe, wenn er zu weit geht, fällt er runter. Trotzdem soll er ein gewisses Maß an Gehorsam zeigen. Man kommt in einen Bereich, der mit Ausbildung allein nicht abzudecken ist.

Das zum Artikel gehörende Video wurde am Schluss eines „Spaßtages“ aufgenommen. Wir haben die Positionen auf der Rüstung geübt. Da muss der Hund sich mehr konzentrieren als sonst. Das macht müde. Beim Üben habe ich auf Ball und Futter verzichtet. Auch darauf komme ich gleich nochmal zurück. Beides macht den Hund zu schnell. Was man beim ersten Durchgang braucht, ist zu sehen, wie der Hund drauf, verfasst ist. Er darf nicht zu unruhig oder zu hektisch sein. Giert der Hund nach dem Futter, übersieht er vielleicht, dass die Stufe zu ende ist. Oder er turnt dem Ball hinterher, ist dabei zu schnell und fällt runter. Das ist genau das, was man nicht will.

Wenn der Hund all das macht, sich dabei noch als Hilfe zum Klettern am Kragen nehmen lässt und insgesamt trotz der Schwierigkeiten bereitwillig folgt – dann kann man sagen, dass man einen sehr guten Kontakt zum Hund hat, eine vertrauensvolle Bindung entwickelt hat.

Die Bindung sieht man vielleicht nicht mal daran, dass der Hund folgt und unter schwierigen Umständen macht, was er nicht machen wollte oder sonst nie machen würde, sondern daran, dass auch der Hundebesitzer auf seinen Hund Rücksicht nimmt. Dass der Besitzer schaut: Klappt das alles, geht es dir gut, dass er dem Hund Rückmeldungen gibt, dass er ihn streichelt, dass er sich freut über seinen Freund oder Kameraden. Das sind emotionale Rückmeldungen, die der Hund bekommt und darauf regiert er: Auf meine Freude, auf meine Zuversicht, auf meine Ruhe. Dann kann man sagen, dass der Hund in seinem Besitzer einen Anführer hat und im Idealfall noch sein „Buddy“ ist, dass man nicht nur eine gute Beziehung hat, gut klar kommt miteinander, sondern dass der Hund einen in das Zentrum seines Denkens stellt. „Was, der Alte geht dahin? Da gehe ich hinterher.“ Der Hundebesitzer sagt, „Wir machen jetzt das und das…“, gibt aber Obacht, das seinem Kumpel nichts passiert, dass er manchmal auch Sachen abbricht oder fünfe grade sein lässt, wenn er sieht, das geht nicht mehr: „Ach, wir hören auf. Morgen ist auch noch ein Tag.“ Daran erkennt man eine gute Bindung auch. Eine gute Bindung von Hund zu Hundeführer ist nur möglich, wenn der Hundeführer eine gute Bindung an seinen Hund hat.

Der Hund wird letztlich seinen Hundeführer wiederspiegeln.

Materielle vs. soziale Bindung

F.M.

Dann trifft man noch Experten, die einem sagen, dass man in Bezug auf „Bindung“ kein Futter und keinen Ball nehmen soll, weil es sich dann um eine materielle Bindung und nicht um eine soziale Bindung handelte. Ich halte dies für schlichtes Geschwurbel und begründe mit folgenden 4 Punkten:

1. Die erste Interaktion zwischen Mutter Welpe dreht sich um Fressen. Die Welpen folgen den Eltern wegen Fressen. Die ersten Kämpfe finden statt wegen Fressen…

2. Das Hundeelend und das der Menschen beginnt, wenn der Hund nicht funktioniert. Nehmen wir meinen Stafford. Zu dem hatte ich schon eine gute Bindung. Er ist mir gefolgt auch beim Klettern, hat gemacht, was ich gesagt habe und war ein stabiler Traumhund. Er hatte am Anfang die Angewohnheit, andere Hunde und Tiere zu bekämpfen. Der Hund war aber auch ein Balljunkie und ich habe das Negativgutachten so bestanden, dass ich den Hund vorher mit dem Ball angespielt habe. Der Gutachter war Polizist und wir sind deshalb durch eine Gruppe von Polizeihunden gegangen. Die waren da, um zu testen, dass mein Hund nicht gefährlich ist. Die Polizeihunde verloren alle ihre Beherrschung, hätten ihren eigenen Test nicht bestanden und mein Hund ist im „Fuß“ durch die Gruppe gelaufen. Wenn ich den Ball nicht benutzt hätte, wäre es darauf hinaus gelaufen, dass der Hund das Negativgutachten nicht bestanden hätte. Ich hätte meinen Hund eingebüßt, er wäre ins Tierheim gekommen und vllt. sogar eingeschläfert worden – was weiß ich. Also ist die Arbeit mit materiellen Sachen zur Fokussierung oder um Motivationen zu verschieben nicht falsch, damit Hund und Hundeführer ein gewisses Maß an Zufriedenheit gewinnen, um dann auf der Basis dieser Zufriedenheit eine intensivere Bindung zu entwickeln.

3. Hunde sind Jäger. Ihr Körper, ihre ganze Art, ihr Wesen ist ausgelegt auf Jagd. In den verschiedenen Hunden sind verschiedene Facetten des Jagdbereiches ausgeprägt. Einer sucht, einer bringt, der andere kämpft. Indem man mit dem Hund Ball spielt, befriedigt man bestimmte Verhaltensweisen, die indem Hund genetisch angelegt sind. Zum Schluss hat der Hund seinen Ball als Beuteersatz, da man ihm schlecht einen Hasen oder die Katze vom Nachbarn geben kann und er ist zufrieden. Das Kauen selbst beruhigt ihn zusätzlich und sorgt für Entspannung.

Da ich mit dem Hund nicht dauernd auf Hasenjagd gehen kann, habe ich beispielsweise meine Unterordnung. Der Hund läuft „Fuß“ oder bleibt, da er den Ball haben will. Also ist die Unterordnung eine modifizierte Form der Jagd. Somit erspart man sich ein gewisses Maß an Zwängen, die man früher angewandt hat, weil der Hund nun freiwillig mit dem Besitzer kooperiert. Das zu tun, was der Besitzer möchte, ist nun für den Hund die wirksamste Strategie, an den Ball zu kommen. Wenn der Hund „Fuß“ läuft, jagt er seinen Ball. Wenn der Hund an lockerer Leine läuft, jagt er seinen Ball.

Es ist mir egal, ob der Hund wegen des Balls an der Strandpromenade nicht wegrennt oder am Strand liegenbleibt, während man mit der Familie baden geht, oder ob er dies aus sozialen Gründen macht. Bleibt der Hund aus sozialen Gründen, fürchtet er sich oft, wegzugehen. Würde er sich nicht fürchten, würde er nur eine gewisse Zeit bleiben oder er ist so gut ausgebildet, dass er weiß, „Bleibe auf deinem Badetuch!“, auch wenn Hunde neben dem Badetuch herum rennen. Ansonsten bekommt er nicht seinen Ball, sondern einen Konflikt mit dem
Hundeführer oder er hat seine Lektion als Vermeidungslernen gelernt. Das die dunkle Seite der Macht. Sie gehört auch zur Hundeausbildung, obwohl man davon auf You tube oder in den Hundeschulen sehr wenig sieht oder hört.

4. Wenn man den Ball zwischen sich und den Hund legt, der Hund ihn haben und man selbst ihn verteidigen will, hat man genau das Rauf- oder Fangespiel, welches Hunde ebenfalls spielen. Der eine hat etwas und die anderen wollen das auch.

Verteidigt man seinen Ball gegen den Hund, hat man eine Kommunikation im Rahmen der sozialen Beutekonkurrenz. Es werden nun Befindlichkeiten und der Status geklärt, man arrangiert sich, hat Spaß. Man ruft Verhalten ab, welches dem Hund innewohnt. Man selbst kann Spaß haben an der Geschicklichkeit, der Beharrlichkeit oder auch der Raffinesse des eigenen Hundes. Später könnte man ihn lehren, wenn er Angreift, den Angriff auf Hörzeichen mit Platz zu unterbrechen und auf „Attack!“ ihn fortzusetzen. Damit wäre die Impulskontrolle nebenbei mit abgearbeitet.

Ebenfalls die Beißkontrolle. Die kann der Hund nur dann lernen, wenn er in die Verlegenheit kommt, doch einmal herzhafter zulangen zu wollen. „Gib her den Ball, weg die Flosse!“ Zack, rein die Zähnchen in den Arm. Oder der Hund vertut sich einfach in der Berechnung seiner Bewegungen, dass er aus versehen meinen Arm erwischt oder in der Hose hängen bleibt. Oder der Hund wird zornig, das geht ja auch. Nun hat man die Gelegenheit, mit dem Hund das Verhalten zu klären, ihn zu regulieren, ihn auf das Maß zu bringen, wo man ihn haben will.

Bei weichen, ängstlichen Hunden kann man ihnen den Erfolg zuspielen, was diese Hunde innerlich wachsen lässt: „Guck mal,so schlecht bin ich gar nicht. Hab dem Alten den Ball abgenommen!“ Das führt auch zu Veränderungen im Hormonstatus.

Wenn das alles nicht sozial ist, was dann?

Eine zu enge Bindung?

Bei der Bewertung der Bindung wird oft befunden, der Hund habe eine zu Enge Bindung an den Hundeführer. Sie seien stalkende oder Kontrollhunde, die einen in der Wohnung verfolgen. Geht man in die Küche, kommen sie mit in die Küche. Geht man von dort in das Büro, kommen sie mit ins Büro. Geht man ins Bad, kommen sie mit ins Bad.

Das sollte man kultivieren! Bei mir hätte der Hund in jedem Raum eine Matte. Dann gehe ich in den Flur und sage „Komm‘ mit, lege Dich da hin.“ Dann gehe ich in die Küche und sage „Komm‘ mit, lege Dich da hin.“ Dann gehe ich ins Bad und sage „Komm‘ mit, lege Dich da hin.“ Oder vor die Badtür.

Diese Verhalten ist doch das Verhalten, welches ich draußen haben will: Dass der Hund mir folgt. Gehe ich nach links, kommt der Hund mit nach links. Gehe ich nach rechts, folgt der Hund nach rechts – ohne, dass man ihm das mitteilen muss.

Und jetzt mal die Hand aufs Herz: Wenn der Bauer mit der Schubkarre in den Garten geht, kommt der Hund mit vom Hof in den Garten. Dort legt er sich hin oder macht etwas, was er gerade will. Geht es dann weiter zum Komposthaufen, der von dort nicht zu sehen ist, steht der Hund auf und kommt mit zum Komposthaufen. Dann geht’s wieder zurück auf den Hof oder auf die Weide. Der Hund macht also genau das Gleiche wie der Hund in der Wohnung. Nur, da die Räumlichkeit viel weiträumiger ist, fällt dies nicht so auf.

Ein Mittel, den Hund zum Folgen zu animieren, wenn er es nicht von alleine macht, ist, ihn mitzunehmen von der Küche ins Wohnzimmer usw. Es geht darum, Einstellungen zu erarbeiten. Im Anschluss beginnt das „Bleib-“ Training. Der Hund ist es gewohnt, von Raum zu Raum zu folgen, das er dort auf der Matte zu sein hat. Nun wird das Liegen auf der Matte nicht durch „Komm mit“ aufgelöst. Also muss der Hund dort bleiben. Das Verhalten wird unter die Kontrolle von Hörzeichen gebracht.

Zusammenfassung

Will man eine gute Bindung zum eigenen Hund, dann investiert man Zeit in ihn, lehrt ihn etwas, gerne auch Übungen wie „Fuß-“ laufen, welche früher in Hundeschulen als sogenannter Kadavergehorsam verpönt waren. Man lehrt seinen Hund schlicht, zu folgen. Man zieht dem Hund auch mal die Ohren lang anstatt hektisch mit albernen Bewegungen „Ressourcen zu begrenzen“, um ihn wirksam in bestimmten Bereichen zu begrenzen, sodass bestimmte Anfragen des Hundes nie wieder auftauchen. Kurz: Man schafft Gewohnheiten und Einstellungen.

Fordert und beschäftigt man den Hund ausreichend im Rahmen seines Wesens, wird er zwangsläufig zufrieden. Für meine Schäferhund bedeutet das, dass wir über Rüstungen klettern, trailen und im Schutzdienst arbeiten. Das macht ihn zufrieden und ausgeglichen. Mache ich das nicht, muss muss ich mit ihm rumdiskutieren. Dann wehrt er sich, sagt: „Höre auf damit“. Dann gibt es Hunde, die sagen: „Schauen wir erst einmal, ob Du das wirklich so verlangen darfst.“ Andere Hunde werden verrückt, weil sie zu viel Leerlauf haben.

Es gilt aber auch: Wenn das Leben mit dem Hund funktioniert, obwohl man gegen alle Regeln verstößt – dann lasse es so.

Wenn man dann das Glück hat, einen Hund zu treffen, der genau zu einem passt, der einen zufrieden macht, wenn er da ist, der keine Last ist, den zu haben keine Sühne für irgendetwas ist – dann wird man eine gute Bindung mit dem Hund haben, die kommt von allein.

Die Basis für eine gute Beziehung ist Arbeit.

Bindung ist Bonus.

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